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Leserfrage: Wohnumfeldverbesserung nur einmal möglich?

Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen - wie oft kann man sie beantragen?

Stand: 28.06.2022

Leserin Sonja K. fragt: "
Meine Krankenkasse hat meinen Antrag für Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen abgelehnt. Die Sachbearbeiterin sagte mir am Telefon, das Geld ist nur ein einziges mal abrufbar. Stimmt das wirklich?"

Die kurze Antwort: Nein, das stimmt nicht! -
Warum das so ist und welche Rechte Sie haben, lesen Sie im folgenden Text.

Was sind Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen?

Dieser Artikel bezieht sich auf "Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes" nach § 40 Abs. 4 SGB XI. Das Sozialgesetzbuch hat damit eine Möglichkeit geschaffen, bauliche Maßnahmen zu finanzieren. Das Ziel ist dabei dem Pflegebedürftigen es zu ermöglichen, länger in der eigenen Häuslichkeit selbständig leben zu können.


Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, zahlen Pflegekassen bis zu 4.000 Euro pro Maßnahme.

Was ist eine Maßnahme?

Das "Wohnumfeld" ist die Wohnung bzw. der Haushalt der pflegebedürftigen Person. Förderfähig sind also alle Maßnahmen, mit denen die konkrete Wohnumgebung an die Bedürfnisse des Pflegebedürftigen individuell angepasst wird. Da das Wohnumfeld sich bei jedem Menschen anders gestaltet und sich je nach Art der Pflegebedürftigkeit auch anders auswirkt, können deshalb förderfähige Maßnahmen sehr verschieden aussehen.


Die Liste möglicher Maßnahmen ist deshalb eher als Beispiel zu sehen - im konkreten Fall sind die Möglichkeiten sicher noch größer.


  • So kann man beispielsweise die Möglichkeit nutzen um Türen zu verbreitern, damit Sie mit Rollstuhl oder Rollator passierbar werden,
  • Handläufe und Griffe an Wänden anbringen lassen, um die Sturzgefahr zu reduzieren,
  • Rampen, Aufzüge oder Treppenlifte installieren lassen
  • In der Küche kommen behindertengerechte Umbauten wie
  • Höhenveränderung der Arbeitsplatte und Elektrogeräte
  • Elektrisch betriebene Absenkung von oberen Küchenschränken
  • Im Badezimmer könnte man beispielsweise
  • Die Badewanne durch eine ebenerdige Dusche ersetzen,
  • Armaturen des Waschbeckens rollstuhlgerecht umbauen,


Wie die Beispiele zeigen: Viele Maßnahmen können geeignet sein, länger im eigenen Zuhause leben zu können. Es lohnt sich deshalb, sich darüber anhand der eigenen Situation Gedanken zu machen, welche Themen in der akuten Situation zunächst angegangen werden, denn: die Förderung greift für jede Maßnahme - was vielleicht erst in Zukunft sinnvoll wird, könnte man auch später als neue Maßnahme beantragen.

Neben den Materialkosten werden auch Lohnkosten, Kosten für Bauanträge und Gebühren für den Zuschuss berücksichtigt.

Welche Voraussetzungen gibt es?

Die Maßnahmen können nur von Personen mit einem vorhandenen Pflegegrad (1-5) und für den eigenen Haushalt beantragt werden. Menschen in Pflegeeinrichtungen oder Pflegende Angehörige, die sich stundenweise in der eigenen Häuslichkeit um den Pflegebedürftigen erfüllen die Voraussetzungen nicht.

Außerdem sollte beachtet werden, dass Mieter mögliche Folgen ihrer Umbaumaßnahmen vorab selbst mit dem Eigentümer klären sollte.

Wie oft kann man Maßnahmen beantragen?

Maßnahmen können immer dann beantragt werden, wenn sich die Pflegesituation verändert hat. Ein Nachweis darüber kann über die Einschätzung der Pflegebedürftigkeit erfolgen - also bei Veränderung des Pflegegrades. Doch auch, wenn sich der Pflegegrad nicht verändert hat, kann durch eine ärztliche oder pflegerische Stellungnahme eine Maßnahme beantragt werden.
Die pauschale Ablehnung der Sachbearbeiterin von Fragestellerin Frau K. ist deshalb in jedem Fall nicht richtig: Ohne die individuelle Pflegesituation zu berücksichtigen, kann über eine Wohnumfeld verbessernde Maßnahme nicht entscheiden werden.

Wie sieht es bei Reparaturen aus?

Für Reparaturen kommt die Pflegekasse auf, solange das Budget der entsprechenden Maßnahme noch nicht ausgeschöpft ist. Ist beispielsweise bei einer Rampe die für 3.500 Euro angeschafft wurde, eine Reparatur fällig, kann die Pflegekasse weitere 500 Euro als Zuschuss leisten.

Wie ist der Ablauf?

Zunächst muss ein schriftlicher Antrag gestellt werden, bei dem bereits ein Kostenvoranschlag für die geplante Maßnahme beigelegt wird. Hilfreich sind darüber hinaus Stellungnahmen, die ebenfalls beigelegt werden: Eine Befürwortung der Maßnahme durch einen versorgenden Pflegedienst ist häufig besonders hilfreich. Aber auch ärztliche Stellungnahmen zur Veränderung des Pflegestatus können den Bescheid positiv beeinflussen.

Wichtig: Erst nach erfolgreicher Genehmigung kann der Dienstleister mit der Durchführung der Maßnahme beauftragt werden.

Für die Genehmigung hat die Pflegekasse gesetzliche Fristen einzuhalten - so kann die Baumaßnahme in der Regel zeitnah umgesetzt werden - beziehungsweise warten Sie aktuell in der Regel eher auf den Handwerker, als auf die Kasse.. :-)

Seit dem 1. Januar 2021 beträgt die gesetzlich vorgegebene Bearbeitungsfrist für Anträge auf bauliche Anpassungsmaßnahmen in der Wohnung drei Wochen. Die Frist verlängert sich auf fünf Wochen, wenn für die Leistungsentscheidung ein medizinisches Gutachten notwendig ist. Kann die Pflegekasse die Frist nicht einhalten, teilt sie dies der antragstellenden Person unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Unterbleibt diese Mitteilung, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.



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Kennen Sie Agnes Karll? Oder vielleicht Florence Nightingale? Nie gehört? Die beiden gelten als Vorreiterinnen in der Entwicklung professioneller Pflege. Nightingale wäre in diesem Jahr 200 Jahre alt geworden. Ein bekanntes Zitat von ihr lautet: "Pflege ist keine Ferienarbeit. Sie ist eine Kunst und fordert, wenn sie Kunst werden soll, eine ebenso große Hingabe, eine ebenso große Vorbereitung wie das Werk eines Malers oder Bildhauers." Aber wer sind eigentlich diese "Künstler", von denen wir sprechen, wenn es um Pflege geht? Wer sind die "Alltagshelden", von denen seit der Corona-Pandemie gesprochen wird? Wenn man darüber nachdenkt, sind mit diesen Begriffen medial kaum Einzelpersonen verknüpft. Während Sie vermutlich weder Agnes Karll noch Florence Nightingale kannten, ist Ihnen der Name Nils Högel, dem "Todespfleger" der in Oldenburg und Delmenhorst sein Unwesen trieb schon eher bekannt. Und das ist ein Problem - für Millionen engagierte Pflegekräfte, über die nur als anonyme Masse gesprochen wird. Von Pflegenden wird viel zu oft nur in negativem Kontext berichtet. Wenige Einzelfälle überschatten die riesige Mehrheit von normalen Menschen in einem alles andere als normalen Beruf. Alternativ wird in seichten Unterhaltungssendungen ein Bild gezeichnet, dass der Pflege vermutlich noch nie entsprochen hat, aber trotzdem bis heute unrealistische Erwartungen weckt. (Aus der Ferne grüßt mit strahlendem Lächeln Schwester Stefanie.) Das Buch "Auf Klingel" von Michael Kaiser, Margarethe Mehring-Fuchs und Kathrin Feldhaus leistet hier einen wertvollen Beitrag, indem es die verschiedensten Pflegekräfte porträtiert, ohne dabei mit Banalität zu langweilen. Es gelingt den Autoren ausgezeichnet, die Heterogenität im Pflegesektor abzubilden. So wird aus der großen Masse uniformierter Pflegender zunehmend ein Puzzle aus verschiedensten Individuen, die selbst neben dem Pflegeberuf auch ein eigenes Leben, eigene Hintergründe mitbringen. Gerade letzteres wird von Patienten und Klienten nicht selten vergessen oder bewusst ausgeblendet. "Werden ja dafür bezahlt". Die Perspektiven, die dieses Buch aufzeigt, sind für diese Gruppe Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen vielleicht ein wichtiger Anstoß dafür, sich intensiver mit den Menschen zu beschäftigen, die sich mit ihnen beschäftigen sollen. Auf den 160 Seiten kann der Leser Einblicke in die verschiedensten Realitäten gewinnen. Der generalistische Ansatz in der Pflege findet sich im Buch wieder: So wird Pflege im Setting Pflegeheim, Krankenhaus und ambulante Pflege betrachtet. Menschen unterschiedlichsten Alters und verschiedenster Herkunft erhalten die Gelegenheit, ihre Eindrücke zu beschreiben. Diese sind vielfach sehr inspirierend, für Menschen ohne eigene Erfahrungen in der professionellen Pflege aber in jedem Fall bereichernd. Für Menschen, die einen Einblick hinter die Kulissen der professionellen Pflege suchen ist das Buch "Auf Klingel" ein idealer Einstieg. 160 Seiten 2020 Patmos Verlag 978-3-8436-1177-0 (ISBN)
03 Mai, 2020
für einige scheinbar doch sehr überraschend. "Systemrelevant" ist die professionelle Pflege wohl schon immer gewesen. In den Gesundheitsreformen der letzten Jahre wurde sie trotzdem zum reinen Kostenfaktor degradiert. Für alle Bereiche gilt die gleiche Formel: Je weniger Pflegekräfte, desto höher der Gewinn. Gut gemeinte Versuche, für mehr Pflegekräfte zu sorgen beschränken sich zumeist darauf, die durch Anstellungen entstehenden Mehrkosten auszugleichen. Dass professionelle Pflege an sich einen Mehrwert erbringt, der eine bessere Vergütung rechtfertigen würde wird in diesen Diskussionen ausgeblendet. Auch Studienergebnisse (vgl. Aiken 2014), dass eine bessere Qualifikation der professionell Pflegenden zu besseren Ergebnissen für die Patienten führt bleiben damit unberücksichtigt. Woher stammt diese logische Diskrepanz, bei der medizinische Prozeduren für Mehreinnahmen sorgen, aber pflegerische Prozeduren ausschließlich zu Mehrkosten führen? Der Applaus, das öffentliche Lob und die ausgesprochene Anerkennung- sie kompensieren dieses Kernproblem nicht. Das beschriebene Logikproblem äußerte sich nämlich schon vor Corona in einer sehr auffälligen Dissonanz. Denn während Pflegekräfte in Befragungen regelmäßig höchstes Ansehen für ihren Beruf erhalten, ist die Bezahlung selbiger nichts, für das sich eine breite Gesellschaftsschicht einsetzt. Die Pflegebonus-Farce In dieser Hinsicht ist der beschlossene "Pflegebonus" eine Entlarvung: Den Ministern der GMK ist bewusst, dass die Entlohnung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den Leistungen in der Pflege steht. Wenn es sich um eine Belohnung im Einsatz gegen Corona handeln würde, wäre diese nämlich auch für die Mediziner diskutiert worden. Dass diesen Bonus nun plötzlich niemand bezahlen möchte rundet das Bild ab. Gesundheitsminister Spahn möchte sich profilieren, für die Kosten möchte er mit seinem Ministerium aber nicht auskommen. Stattdessen sollen nun die Pflegekassen zahlen. Und die Pflegenden in den Krankenhäusern gehen leer aus. Weil aber die Mehrausgaben der Pflegeversicherung nur durch Beitragserhöhungen kompensiert werden können, zahlen die Pflegenden in Zukunft ihren Bonus von selbst zurück - das soll eine Anerkennung sein? Was wir lernen müssen: Für die Pflege muss die Entlohnung völlig neu gedacht werden. Es muss sich lohnen, gut qualifiziertes Personal einzustellen, aus- und weiterzubilden. Dies wiederum nicht auf Kosten der Pflegebedürftigen, welche die enorm gestiegenen Eigenanteile schon jetzt vielfach nicht selbst zahlen können. Höhere Qualität muss auch zu einer besseren Vergütung führen, sodass alle Beteiligten von besserer Arbeit profitieren und endlich der Anreiz genommen wird, mit Personalmangel seine Bilanzen "aufzuhübschen". Das kann aber nicht allein die Aufgabe der Pflegenden selbst sein. Es braucht eine breite gesellschaftliche Basis die anerkennt, dass professionelle Pflege ein komplexer Beruf ist, in dem wir schlaue Köpfe brauchen und die auch entsprechend bezahlt werden müssen.
von account 14 Apr., 2020
Studien haben gezeigt, dass bislang noch immer knapp ein Drittel aller Pflegeheime kein für die Bewohner zugängliches W-LAN Netz hat. Für Leser dieses Blogs wird sich die Frage in Zukunft wohl kaum stellen - es wäre schlicht unvorstellbar, plötzlich ohne eine funktionierende Internetverbindung zu leben. Die aktiven Internetnutzer der aktuellen Pflegeheimbewohner haben den "Ofllinern" aber nicht erst seit Corona einen entscheidenden Vorteil. Dieser wird Letzteren aber nun umso schmerzlicher bewusst. Internet: Mobilität trotz körperlicher Gebrechen Denn diese Leiden in besonderem Maße unter den Besuchsverboten in Pflegeheimen. Zwar fehlt allen die körperliche Nähe mit allen Sinnesempfindungen, die damit zusammenhängen. Doch die "Onliner" stehen mit ihren Lieben weiter in Kontakt, können erzählen, zuhören und sehen was passiert. Sie haben Zugriff auf einen Perspektivwechsel, indem sie statt deprimierender Nachrichten im Fernsehen ihre Urlaubsfotos sehen, sich in Google-Streetview durch die Heimatstadt bewegen oder sich sonstwie ablenken können. Nicht alle können alles Für die Pflegenden, die die Betreuung nun ohne die Unterstützung der Angehörigen bewerkstelligen wäre eine vermehrte Nutzung der Möglichkeiten des Internets eine spürbare Entlastung. Denn die Nähe zu Angehörigen und verbliebenen Freunden können sie einfach nicht ersetzen. Doch während nur einige wenige die technischen Möglichkeiten ihrer Geräte völlig selbstständig nutzen können, können die Pflegenden bei vorhandener Infrastruktur diejenigen unterstützen, die dies eben nicht mehr selbst können. Da dies auch gleichzeitig diejenigen sind, die auch ohne Corona kaum aus den Einrichtungen heraus können und nur sehr begrenzte Teilhabemöglichkeiten haben wird klar: So wie sich einige erst neuerdings fühlen, fühlen andere sich schon jahrelang: isoliert und abgekapselt ohne Verbindung mit der Außenwelt. Lehre aus Corona Internetzugriff muss eine Selbstverständlichkeit sein. Allem Bewohnern einer Pflegeeinrichtung muss die Möglichkeit gegeben werden, mit der Außenwelt in Verbindung zu bleiben. Und wo früher in vielen Krankenhäusern die "Grünen Damen" ihre Besuchsdienste geleistet haben, könnte man doch durch "Digitale Besuche" viel mehr Menschen mit viel weniger Aufwand erreichen und trotzdem sehr viel bewegen. Let´s do it!
13 Apr., 2020
Die Corona-Krise erschüttert alle Bereiche unserer Gesellschaft und betrifft so nun jeden von uns ganz persönlich. Und obwohl ein Ende der Epidemie sich möglicherweise gerade erst am Horizont abzeichnet wollen wir gemeinsam überlegen, was nach der Corona-Krise anders laufen muss als zuvor. Wir versuchen den politischen Worthülsen ("Nach der Corona-Krise ist nichts mehr, wie es vorher gewesen ist") wie sie so oder so ähnlich von Armin Laschet, Jens Spahn und anderen geäußert wurden, mit Leben zu füllen. Statt jetzt nur zu meckern, zu kritisieren und zu polemisieren wollen wir kreativ und konstruktiv sein und so dafür sorgen, dass die deutsche Pflegelandschaft nach Corona eine bessere ist als zuvor. Wir beginnen morgen mit dem Thema Digitalisierung und fokussieren dabei die stationäre Altenpflege und freuen uns auf eine anregende Diskussion in den Sozialen Medien. Bleiben Sie gesund! Teil 1: Kein Leben ohne W-LAN Teil 2: Professionelle Pflege kostet Geld
11 Apr., 2020
Mit diesem Satz zitiert Sigrid Tschöpe-Scheffler ihre Mutter ("Frau Maria"), eine hochbetagte Dame, die ihren körperlichen und geistigen Verfall mit diesem Satz herrlich prägnant illustriert. In dem im Patmos-Verlag erschienenen Buch schreibt sie über die Versorgungssituation ihrer Mutter, welche ihr das Versprechen abgerungen hatte, so lange wie möglich in der eigenen Häuslichkeit wohnen bleiben zu können. Dabei stößt ihre einzige Tochter jedoch auf Barrieren und Herausforderungen, mit denen sich viele Pflegende Angehörige identifizieren können: Man selbst hat einen Beruf, hat eine eigene Familie und wohnt nicht mehr im Heimatort. Trotzdem ist da das riesige Verantwortungsbewusstsein für die eigenen Eltern, dem man auch gerecht werden möchte. Das Buch erzählt lebhaft von diesem Spagat, den Frau Tschöpe-Scheffler über 15 Jahre mit großem persönlichen Engagement gemeistert hat. Kreative Lösungen für einen würdigen Lebensabend Um dem Wunsch ihrer Mutter gerecht zu werden, organisiert sie die Pflege zu Hause mit kreativen Lösungen unter Berücksichtigung verschiedener Modelle. Neben "Wohnen für Hilfe" und "ambulantem Pflegedienst" spielen die osteuropäischen Betreuungskräfte, die über mehrere Jahre hinweg für ein funktionierendes Versorgungssystem sorgen eine wichtige Rolle in dem Buch. Es vermittelt einen besonderen Eindruck dessen, was einen mit der Betreuung durch osteuropäische Betreuungskräfte ("24h-Pflegekräfte") erwartet, jenseits der hochtrabenden Webseiten, dubiosen Zeitungsannoncen und Hochglanzprospekten. So zeigen sich die besonderen Stärken der individuellen Betreuung, genauso wie die persönlichen Schwächen Einzelner und das benötigte Vertrauen in die anwesenden Personen. Sie beschreibt dabei die Hochs und Tiefs, die eine solch langjährige Erfahrung mit sich bringt und verknüpft diese zu einer sehr kurzweiligen Erzählung. Erst, als durch die fortschreitende Demenz ihrer Mutter eine Versorgung zu Hause kaum noch möglich gewesen wäre entschied sie sich für die Unterbringung im Pflegeheim. Doch trotz intensiver Recherchen berichtet sie von Erfahrungen, die einen wirklich erschüttern, wie sie aber vermutlich tagtäglich stattfinden. Dabei reflektiert sie nicht nur die unterschiedlichen Betreuungsformen, sondern auch, wie es für ihre Mutter und sie, für die Pflegenden anfühlte und auch, ganz besonders, wie sie lernte, mit Schuld- und Ohnmachtsgefühlen umzugehen, wie die jeweiligen Lösungen die Situation veränderten und stets nachgearbeitet und angepasst werden mussten. Nicht ohne Kritik Als jemand, der dieses Buch zwangsläufig auch durch die "Professionellen Brille" liest, rieb ich mich beim Lesen an einigen Passagen allerdings doch ziemlich. Besonders die Ungenauigkeit in der Bezeichnung der Personen, die ihre Mutter versorgen, störte mich fortlaufend. Während diese zunächst im Buch als "Betreuer" bezeichnet werden, werden aus ihnen im Laufe des Buches "Pflegekräfte", gleichwohl die vorgestellten Kräfte allesamt keinerlei pflegerische Ausbildung hatten. Auch im Setting der Heimversorgung sind die Akteure nicht wirklich abgrenzbar, was dann auch zu unlogischen Bezeichnungen wie "ungelernten Fachkräften" (S. 158) führt. Da die Autorin ansonsten sehr penibel wirkt glaube ich nicht, dass es sich um Absicht oder Böswilligkeit handelt, trotzdem werden die ansonsten richtigen und sehr starken Reflexionen dadurch leider geschwächt. Anstoß für eine wichtige Debatte Das Buch kann einen Anstoß liefern für eine Debatte, die in Deutschland seit Jahren überfällig ist. Die Arbeit von osteuropäischen Betreuungskräften ist eine Realität, ohne die viele Familiensysteme gar nicht mehr funktionieren würden. Doch während die Pflegebedürftigen sich nicht auf eine bestimmte Qualität verlassen können, weil es hier keinerlei Vorschriften gibt, können sich die Betreuungskräfte nicht auf die Einhaltung ihrer Arbeitnehmerrechte verlassen, da diese auch durch unseriöse Agenturen systematisch ausgehöhlt werden. Während zum Beispiel bei unseren österreichischen Nachbarn ein gesetzlicher Rahmen geschaffen wurde, der durch Regelungen für alle Beteiligten mehr Sicherheit und Schutz bietet, verbleiben die Akteure in Deutschland in der Grauzone. So lange ein tragfähiger Rechtsrahmen fehlt, kann das Modell nicht "massentauglich" werden- trotz aller positiven Erlebnisse, die "Frau Maria" mit diesem Modell machen durfte. Fazit Das Buch ist ein toller Einstieg in die Thematik für alle, die sich in nächster Zeit selbst Gedanken darüber machen müssen, wie die Versorgung der eigenen Eltern oder Schwiegereltern sichergestellt werden kann. Durch die lebendige Erzählweise und die ehrliche Fokussierung darauf dem Wunsch der Mutter irgendwie entsprechen zu wollen kann sich diese Zielgruppe mit der Thematik super identifizieren und erhält einen realistischen Einblick. Da es sich hier aber um subjektive EInzelerfahrungen handelt, die trotz der ausführlichen Reflexionen keinen Gesamteindruck in die verschiedenen Versorgungsoptionen ermöglicht, sollte das durch das Buch geweckte Interesse unbedingt dafür investiert werden, sich auch mit anderen Möglichkeiten auseinanderzusetzen. Für weitere Informationen: Klicken Sie hier .
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