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Hilfsmittel richtig beantragen

Wie beantragt man Hilfsmittel richtig?

Ein ausführlicher Guide.

Krankenkassen genehmigen Hilfsmittel nur, wenn eine medizinische Notwendigkeit vorliegt. Wer ein Hilfsmittel beantragt, muss deshalb gut begründen, warum dieses Hilfsmittel benötigt wird. Dabei können Details darüber entscheiden, ob ein Antrag erfolgreich ist oder abgelehnt wird.

Was sind Hilfsmittel?

Hilfsmittel sind bewegliche Gegenstände für therapeutische oder medizinische Zwecke und gleichen körperliche oder geistige Funktionseinschränkungen aus. Grundlage hierfür ist § 33 SGB V. Darin heißt es auf Juristendeutsch: "Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen."
Diese Hilfsmittel werden von der Krankenkasse bezahlt.

Sie unterscheiden sich damit von den Pflegehilfsmitteln dadurch, dass die Notwendigkeit durch Krankheit oder Behinderung entstanden ist. Wenn das Hilfsmittel wegen Pflegebedürftigkeit benötigt wird, ist der Kostenträger die Pflegekasse. Das kann in einigen Fällen schwer unterscheidbar sein -  für den Patienten ist es letztlich jedoch egal, wer die Kosten übernimmt. Hauptsache ist, dass eine Kostenübernahme erfolgt.

Was ist ein Hilfsmittel?

Die Krankenkassen führen ein ausführliches Verzeichnis darüber, welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel es gibt. Das vollständige Hilfsmittelverzeichnis finden Sie hier

Beispiele für Hilfsmittel sind etwa:


  • Absauggeräte
  • Inkontinenzhilfen
  • Gehhilfen
  • Prothesen
  • Lagerungshilfen
  • Stomaartikel
  • Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel

Wie beantragt man Hilfsmittel?

Zunächst benötigen Sie eine Verordnung ("Rezept") des behandelnden Arztes. Er entscheidet, welches Hilfsmittel in Ihrer Situation sinnvoll und erforderlich ist. Dafür muss er sich von der Situation ein genaues Bild machen können. Machen Sie sich vorab bereits ein paar Gedanken: Was kann ich mit dem Pflegebedürftigen umsetzen, was würde eher überfordern?
Ein Hilfsmittel ist für den Einsatz gedacht und es ist wichtig, sich in den Einsatzfall ein wenig "hineinzudenken". So kann man sich früh genug auch nach Alternativen erkundigen.

Anschließend erkundigen Sie sich bei der zuständigen Krankenkasse (bzw. der Pflegekasse), mit welchem Anbieter sie Leistungsverträge abgeschlossen hat. Fast jede Kasse schließt Leistungsverträge und senkt damit ihre Kosten. Das kann für Sie vorteilhaft sein: Wenn Anbieter und Krankenkasse regelmäßig zusammenarbeiten, kennt man sich und der Prozess läuft reibungsloser. Nachteilig kann für Sie sein, wenn plötzlich nicht das "Stamm-Sanitätshaus" um die Ecke die Leistung erbringen darf, sondern ein für Sie unbekannter Anbieter die Leistung übernimmt.

Falls die Krankenkasse keine Verträge für das Hilfsmittel abgeschlossen hat, wird man Ihnen dort auch helfen einen Anbieter zu finden.


Hat die Kranken - oder Pflegekasse Ihnen einen Anbieter (zum Beispiel Orthopädietechniker oder Sanitätshaus) genannt, lassen Sie sich dort einen Kostenvoranschlag erstellen. Diesen reichen Sie mit dem Rezept, einem Anschreiben und eventuell einer Stellungnahme des Behandlers oder eines Gutachters bei Ihrem Kostenträger (zum Beispiel Krankenkasse) ein. Gerne helfen wir Ihnen auch bei der Formulierung des Anschreibens und geben eine fundierte Stellungnahme ab. So lassen sich die Chancen einer Bewilligung deutlich erhöhen. Kontaktieren Sie uns gerne hier.


Halten Sie auch unbedingt die oben beschriebene Reihenfolge ein, um Probleme zu vermeiden!
Also erst Verordnung vom Behandler, dann Kontakt zur Kasse, dann Kostenvoranschlag und dann erneut zur Kasse - das dauert zwar, spart aber trotzdem einiges hin und her und schont die Nerven. 


Wird die Versorgung mit dem Hilfsmittel abgelehnt, haben Sie ein Widerspruchsrecht. Hierzu folgt in Kürze ein weiterer Artikel.

Wie geht es dann weiter?

Zu diesem Zeitpunkt, ist noch nichts entschieden. Die Krankenkasse prüft bei ihrer Entscheidung den Bedarf und die Wirtschaftlichkeit des Hilfsmittels. Als Grundlage nimmt sie die Verordnung, den Kostenvoranschlag, die Stellungnahme und eventuell weitere Unterlagen als Grundlage. Da sie nur getestete Hilfsmittel gewähren kann, prüft sie zunächst, ob das von Ihnen beantragte Hilfsmittel im Hilfsmittelkatalog des GKV-Spitzenverbands enthalten ist. Sollte das benötigte Hilfsmittel nicht aufgeführt sein, nimmt die Krankenkasse in jedem Einzelfall eine Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfung vor.

Ein Sachbearbeiter entscheidet anhand der von Ihnen eingereichten Unterlagen. Deshalb sollten diese auch so ausführlich und gewissenhaft wie möglich ausgefüllt und vollständig eingereicht werden. Dazu gehören auch alle Informationen zum Hilfsmittel, die Sie von dem Hilfsmittelhersteller erhalten haben - bei der Menge an verschiedenen Hilfsmitteln und Modellen wird es sonst schwer, etwas entscheiden zu können.

Über die Entscheidung ob das Hilfsmittel bewilligt wird und die Kosten getragen werden, erhalten Sie einen Bescheid von der Kasse. Auf diesen sollte wenn irgendwie möglich gewartet werden, bevor ein Anbieter beauftragt wird.

Wichtig: Hier lauert nämlich ein Fallstrick. Sie haben mit dem Bescheid zwar Anspruch auf das Hilfsmittel, aber nicht auf einen Kostenersatz. Haben Sie das Hilfsmittel also bereits vorher gekauft, bleiben Sie in der Regel auf diesen Kosten sitzen.

Wann bekomme ich das Hilfsmittel?

Die Krankenkasse hat nach Antragstellung drei Wochen Zeit, den Antrag zu prüfen und darüber zu entscheiden. Sofern ein medizinisches Gutachten notwendig wird, hat sie maximal fünf Wochen Zeit für ihre Entscheidung. Grundlage hierfür ist die sogenannte "Genehmigungsfiktion" aus dem Patientenrechtegesetz.


Kann die Kasse diese Fristen nicht einhalten, muss sie Sie rechtzeitig schriftlich mit Begründung informieren. Erhalten Sie nach Ablauf der genannten Fristen keine schriftliche Begründung, gilt der Antrag als bewilligt. In diesem Fall können sich die erforderliche Leistung selbst besorgen und der Kasse in Rechnung stellen.


Wichtige Details beim Hilfsmittelantrag

Achten Sie darauf, dass die Verordnung so präzise wie möglich ausgefüllt ist. Aus dem Rezept muss unbedingt die medizinische Notwendigkeit hervorgehen. Der Arzt sollte genau beschreiben, welches Hilfsmittel (ggf. Hilfsmittelnummer) Sie wofür brauchen. Darüber hinaus sollten die Diagnose, die Anzahl, die Art der Herstellung und ggf. die Mengenanzahl für Tage/Monate enthalten sein.

Das ist für den Behandler natürlich aufwendig - immer wieder hört man deshalb von "Vermeidungs"-Strategien, bei denen Ärzte erst nach viel Überzeugungsarbeit ein Einsehen haben. Bleiben Sie deshalb freundlich, aber hartnäckig! 
Auch Unwissenheit führt hin und wieder dazu, dass Hilfsmittel nur zögerlich verschrieben werden. Erinnern Sie also bei Bedarf daran, dass ein Hilfsmittel nicht zu Lasten des allgemeinen Budgets verordnet werden. Es gibt also kein "Kontingent pro Quartal" an das er oder sie sich halten müsste - einige wissen dies leider wirklich nicht. 

Gut zu wissen:

Es besteht zwar ein Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln - diese müssen aber nicht unbedingt neu sein und können auch von der Kasse nur verliehen werden. Hilfsmittel, die nicht individuell hergestellt sind, werden daher regelmäßig nach einem Gebrauch aufbereitet und dann erneut verliehen. Das kommt häufig vor bei größeren Hilfsmitteln, die in der Anschaffung in der Regel auch sehr teuer sind. Beispiele wären hier etwa Pflegebetten, Rollstühle oder Lifter.

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Kennen Sie Agnes Karll? Oder vielleicht Florence Nightingale? Nie gehört? Die beiden gelten als Vorreiterinnen in der Entwicklung professioneller Pflege. Nightingale wäre in diesem Jahr 200 Jahre alt geworden. Ein bekanntes Zitat von ihr lautet: "Pflege ist keine Ferienarbeit. Sie ist eine Kunst und fordert, wenn sie Kunst werden soll, eine ebenso große Hingabe, eine ebenso große Vorbereitung wie das Werk eines Malers oder Bildhauers." Aber wer sind eigentlich diese "Künstler", von denen wir sprechen, wenn es um Pflege geht? Wer sind die "Alltagshelden", von denen seit der Corona-Pandemie gesprochen wird? Wenn man darüber nachdenkt, sind mit diesen Begriffen medial kaum Einzelpersonen verknüpft. Während Sie vermutlich weder Agnes Karll noch Florence Nightingale kannten, ist Ihnen der Name Nils Högel, dem "Todespfleger" der in Oldenburg und Delmenhorst sein Unwesen trieb schon eher bekannt. Und das ist ein Problem - für Millionen engagierte Pflegekräfte, über die nur als anonyme Masse gesprochen wird. Von Pflegenden wird viel zu oft nur in negativem Kontext berichtet. Wenige Einzelfälle überschatten die riesige Mehrheit von normalen Menschen in einem alles andere als normalen Beruf. Alternativ wird in seichten Unterhaltungssendungen ein Bild gezeichnet, dass der Pflege vermutlich noch nie entsprochen hat, aber trotzdem bis heute unrealistische Erwartungen weckt. (Aus der Ferne grüßt mit strahlendem Lächeln Schwester Stefanie.) Das Buch "Auf Klingel" von Michael Kaiser, Margarethe Mehring-Fuchs und Kathrin Feldhaus leistet hier einen wertvollen Beitrag, indem es die verschiedensten Pflegekräfte porträtiert, ohne dabei mit Banalität zu langweilen. Es gelingt den Autoren ausgezeichnet, die Heterogenität im Pflegesektor abzubilden. So wird aus der großen Masse uniformierter Pflegender zunehmend ein Puzzle aus verschiedensten Individuen, die selbst neben dem Pflegeberuf auch ein eigenes Leben, eigene Hintergründe mitbringen. Gerade letzteres wird von Patienten und Klienten nicht selten vergessen oder bewusst ausgeblendet. "Werden ja dafür bezahlt". Die Perspektiven, die dieses Buch aufzeigt, sind für diese Gruppe Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen vielleicht ein wichtiger Anstoß dafür, sich intensiver mit den Menschen zu beschäftigen, die sich mit ihnen beschäftigen sollen. Auf den 160 Seiten kann der Leser Einblicke in die verschiedensten Realitäten gewinnen. Der generalistische Ansatz in der Pflege findet sich im Buch wieder: So wird Pflege im Setting Pflegeheim, Krankenhaus und ambulante Pflege betrachtet. Menschen unterschiedlichsten Alters und verschiedenster Herkunft erhalten die Gelegenheit, ihre Eindrücke zu beschreiben. Diese sind vielfach sehr inspirierend, für Menschen ohne eigene Erfahrungen in der professionellen Pflege aber in jedem Fall bereichernd. Für Menschen, die einen Einblick hinter die Kulissen der professionellen Pflege suchen ist das Buch "Auf Klingel" ein idealer Einstieg. 160 Seiten 2020 Patmos Verlag 978-3-8436-1177-0 (ISBN)
03 Mai, 2020
für einige scheinbar doch sehr überraschend. "Systemrelevant" ist die professionelle Pflege wohl schon immer gewesen. In den Gesundheitsreformen der letzten Jahre wurde sie trotzdem zum reinen Kostenfaktor degradiert. Für alle Bereiche gilt die gleiche Formel: Je weniger Pflegekräfte, desto höher der Gewinn. Gut gemeinte Versuche, für mehr Pflegekräfte zu sorgen beschränken sich zumeist darauf, die durch Anstellungen entstehenden Mehrkosten auszugleichen. Dass professionelle Pflege an sich einen Mehrwert erbringt, der eine bessere Vergütung rechtfertigen würde wird in diesen Diskussionen ausgeblendet. Auch Studienergebnisse (vgl. Aiken 2014), dass eine bessere Qualifikation der professionell Pflegenden zu besseren Ergebnissen für die Patienten führt bleiben damit unberücksichtigt. Woher stammt diese logische Diskrepanz, bei der medizinische Prozeduren für Mehreinnahmen sorgen, aber pflegerische Prozeduren ausschließlich zu Mehrkosten führen? Der Applaus, das öffentliche Lob und die ausgesprochene Anerkennung- sie kompensieren dieses Kernproblem nicht. Das beschriebene Logikproblem äußerte sich nämlich schon vor Corona in einer sehr auffälligen Dissonanz. Denn während Pflegekräfte in Befragungen regelmäßig höchstes Ansehen für ihren Beruf erhalten, ist die Bezahlung selbiger nichts, für das sich eine breite Gesellschaftsschicht einsetzt. Die Pflegebonus-Farce In dieser Hinsicht ist der beschlossene "Pflegebonus" eine Entlarvung: Den Ministern der GMK ist bewusst, dass die Entlohnung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den Leistungen in der Pflege steht. Wenn es sich um eine Belohnung im Einsatz gegen Corona handeln würde, wäre diese nämlich auch für die Mediziner diskutiert worden. Dass diesen Bonus nun plötzlich niemand bezahlen möchte rundet das Bild ab. Gesundheitsminister Spahn möchte sich profilieren, für die Kosten möchte er mit seinem Ministerium aber nicht auskommen. Stattdessen sollen nun die Pflegekassen zahlen. Und die Pflegenden in den Krankenhäusern gehen leer aus. Weil aber die Mehrausgaben der Pflegeversicherung nur durch Beitragserhöhungen kompensiert werden können, zahlen die Pflegenden in Zukunft ihren Bonus von selbst zurück - das soll eine Anerkennung sein? Was wir lernen müssen: Für die Pflege muss die Entlohnung völlig neu gedacht werden. Es muss sich lohnen, gut qualifiziertes Personal einzustellen, aus- und weiterzubilden. Dies wiederum nicht auf Kosten der Pflegebedürftigen, welche die enorm gestiegenen Eigenanteile schon jetzt vielfach nicht selbst zahlen können. Höhere Qualität muss auch zu einer besseren Vergütung führen, sodass alle Beteiligten von besserer Arbeit profitieren und endlich der Anreiz genommen wird, mit Personalmangel seine Bilanzen "aufzuhübschen". Das kann aber nicht allein die Aufgabe der Pflegenden selbst sein. Es braucht eine breite gesellschaftliche Basis die anerkennt, dass professionelle Pflege ein komplexer Beruf ist, in dem wir schlaue Köpfe brauchen und die auch entsprechend bezahlt werden müssen.
von account 14 Apr., 2020
Studien haben gezeigt, dass bislang noch immer knapp ein Drittel aller Pflegeheime kein für die Bewohner zugängliches W-LAN Netz hat. Für Leser dieses Blogs wird sich die Frage in Zukunft wohl kaum stellen - es wäre schlicht unvorstellbar, plötzlich ohne eine funktionierende Internetverbindung zu leben. Die aktiven Internetnutzer der aktuellen Pflegeheimbewohner haben den "Ofllinern" aber nicht erst seit Corona einen entscheidenden Vorteil. Dieser wird Letzteren aber nun umso schmerzlicher bewusst. Internet: Mobilität trotz körperlicher Gebrechen Denn diese Leiden in besonderem Maße unter den Besuchsverboten in Pflegeheimen. Zwar fehlt allen die körperliche Nähe mit allen Sinnesempfindungen, die damit zusammenhängen. Doch die "Onliner" stehen mit ihren Lieben weiter in Kontakt, können erzählen, zuhören und sehen was passiert. Sie haben Zugriff auf einen Perspektivwechsel, indem sie statt deprimierender Nachrichten im Fernsehen ihre Urlaubsfotos sehen, sich in Google-Streetview durch die Heimatstadt bewegen oder sich sonstwie ablenken können. Nicht alle können alles Für die Pflegenden, die die Betreuung nun ohne die Unterstützung der Angehörigen bewerkstelligen wäre eine vermehrte Nutzung der Möglichkeiten des Internets eine spürbare Entlastung. Denn die Nähe zu Angehörigen und verbliebenen Freunden können sie einfach nicht ersetzen. Doch während nur einige wenige die technischen Möglichkeiten ihrer Geräte völlig selbstständig nutzen können, können die Pflegenden bei vorhandener Infrastruktur diejenigen unterstützen, die dies eben nicht mehr selbst können. Da dies auch gleichzeitig diejenigen sind, die auch ohne Corona kaum aus den Einrichtungen heraus können und nur sehr begrenzte Teilhabemöglichkeiten haben wird klar: So wie sich einige erst neuerdings fühlen, fühlen andere sich schon jahrelang: isoliert und abgekapselt ohne Verbindung mit der Außenwelt. Lehre aus Corona Internetzugriff muss eine Selbstverständlichkeit sein. Allem Bewohnern einer Pflegeeinrichtung muss die Möglichkeit gegeben werden, mit der Außenwelt in Verbindung zu bleiben. Und wo früher in vielen Krankenhäusern die "Grünen Damen" ihre Besuchsdienste geleistet haben, könnte man doch durch "Digitale Besuche" viel mehr Menschen mit viel weniger Aufwand erreichen und trotzdem sehr viel bewegen. Let´s do it!
13 Apr., 2020
Die Corona-Krise erschüttert alle Bereiche unserer Gesellschaft und betrifft so nun jeden von uns ganz persönlich. Und obwohl ein Ende der Epidemie sich möglicherweise gerade erst am Horizont abzeichnet wollen wir gemeinsam überlegen, was nach der Corona-Krise anders laufen muss als zuvor. Wir versuchen den politischen Worthülsen ("Nach der Corona-Krise ist nichts mehr, wie es vorher gewesen ist") wie sie so oder so ähnlich von Armin Laschet, Jens Spahn und anderen geäußert wurden, mit Leben zu füllen. Statt jetzt nur zu meckern, zu kritisieren und zu polemisieren wollen wir kreativ und konstruktiv sein und so dafür sorgen, dass die deutsche Pflegelandschaft nach Corona eine bessere ist als zuvor. Wir beginnen morgen mit dem Thema Digitalisierung und fokussieren dabei die stationäre Altenpflege und freuen uns auf eine anregende Diskussion in den Sozialen Medien. Bleiben Sie gesund! Teil 1: Kein Leben ohne W-LAN Teil 2: Professionelle Pflege kostet Geld
11 Apr., 2020
Mit diesem Satz zitiert Sigrid Tschöpe-Scheffler ihre Mutter ("Frau Maria"), eine hochbetagte Dame, die ihren körperlichen und geistigen Verfall mit diesem Satz herrlich prägnant illustriert. In dem im Patmos-Verlag erschienenen Buch schreibt sie über die Versorgungssituation ihrer Mutter, welche ihr das Versprechen abgerungen hatte, so lange wie möglich in der eigenen Häuslichkeit wohnen bleiben zu können. Dabei stößt ihre einzige Tochter jedoch auf Barrieren und Herausforderungen, mit denen sich viele Pflegende Angehörige identifizieren können: Man selbst hat einen Beruf, hat eine eigene Familie und wohnt nicht mehr im Heimatort. Trotzdem ist da das riesige Verantwortungsbewusstsein für die eigenen Eltern, dem man auch gerecht werden möchte. Das Buch erzählt lebhaft von diesem Spagat, den Frau Tschöpe-Scheffler über 15 Jahre mit großem persönlichen Engagement gemeistert hat. Kreative Lösungen für einen würdigen Lebensabend Um dem Wunsch ihrer Mutter gerecht zu werden, organisiert sie die Pflege zu Hause mit kreativen Lösungen unter Berücksichtigung verschiedener Modelle. Neben "Wohnen für Hilfe" und "ambulantem Pflegedienst" spielen die osteuropäischen Betreuungskräfte, die über mehrere Jahre hinweg für ein funktionierendes Versorgungssystem sorgen eine wichtige Rolle in dem Buch. Es vermittelt einen besonderen Eindruck dessen, was einen mit der Betreuung durch osteuropäische Betreuungskräfte ("24h-Pflegekräfte") erwartet, jenseits der hochtrabenden Webseiten, dubiosen Zeitungsannoncen und Hochglanzprospekten. So zeigen sich die besonderen Stärken der individuellen Betreuung, genauso wie die persönlichen Schwächen Einzelner und das benötigte Vertrauen in die anwesenden Personen. Sie beschreibt dabei die Hochs und Tiefs, die eine solch langjährige Erfahrung mit sich bringt und verknüpft diese zu einer sehr kurzweiligen Erzählung. Erst, als durch die fortschreitende Demenz ihrer Mutter eine Versorgung zu Hause kaum noch möglich gewesen wäre entschied sie sich für die Unterbringung im Pflegeheim. Doch trotz intensiver Recherchen berichtet sie von Erfahrungen, die einen wirklich erschüttern, wie sie aber vermutlich tagtäglich stattfinden. Dabei reflektiert sie nicht nur die unterschiedlichen Betreuungsformen, sondern auch, wie es für ihre Mutter und sie, für die Pflegenden anfühlte und auch, ganz besonders, wie sie lernte, mit Schuld- und Ohnmachtsgefühlen umzugehen, wie die jeweiligen Lösungen die Situation veränderten und stets nachgearbeitet und angepasst werden mussten. Nicht ohne Kritik Als jemand, der dieses Buch zwangsläufig auch durch die "Professionellen Brille" liest, rieb ich mich beim Lesen an einigen Passagen allerdings doch ziemlich. Besonders die Ungenauigkeit in der Bezeichnung der Personen, die ihre Mutter versorgen, störte mich fortlaufend. Während diese zunächst im Buch als "Betreuer" bezeichnet werden, werden aus ihnen im Laufe des Buches "Pflegekräfte", gleichwohl die vorgestellten Kräfte allesamt keinerlei pflegerische Ausbildung hatten. Auch im Setting der Heimversorgung sind die Akteure nicht wirklich abgrenzbar, was dann auch zu unlogischen Bezeichnungen wie "ungelernten Fachkräften" (S. 158) führt. Da die Autorin ansonsten sehr penibel wirkt glaube ich nicht, dass es sich um Absicht oder Böswilligkeit handelt, trotzdem werden die ansonsten richtigen und sehr starken Reflexionen dadurch leider geschwächt. Anstoß für eine wichtige Debatte Das Buch kann einen Anstoß liefern für eine Debatte, die in Deutschland seit Jahren überfällig ist. Die Arbeit von osteuropäischen Betreuungskräften ist eine Realität, ohne die viele Familiensysteme gar nicht mehr funktionieren würden. Doch während die Pflegebedürftigen sich nicht auf eine bestimmte Qualität verlassen können, weil es hier keinerlei Vorschriften gibt, können sich die Betreuungskräfte nicht auf die Einhaltung ihrer Arbeitnehmerrechte verlassen, da diese auch durch unseriöse Agenturen systematisch ausgehöhlt werden. Während zum Beispiel bei unseren österreichischen Nachbarn ein gesetzlicher Rahmen geschaffen wurde, der durch Regelungen für alle Beteiligten mehr Sicherheit und Schutz bietet, verbleiben die Akteure in Deutschland in der Grauzone. So lange ein tragfähiger Rechtsrahmen fehlt, kann das Modell nicht "massentauglich" werden- trotz aller positiven Erlebnisse, die "Frau Maria" mit diesem Modell machen durfte. Fazit Das Buch ist ein toller Einstieg in die Thematik für alle, die sich in nächster Zeit selbst Gedanken darüber machen müssen, wie die Versorgung der eigenen Eltern oder Schwiegereltern sichergestellt werden kann. Durch die lebendige Erzählweise und die ehrliche Fokussierung darauf dem Wunsch der Mutter irgendwie entsprechen zu wollen kann sich diese Zielgruppe mit der Thematik super identifizieren und erhält einen realistischen Einblick. Da es sich hier aber um subjektive EInzelerfahrungen handelt, die trotz der ausführlichen Reflexionen keinen Gesamteindruck in die verschiedenen Versorgungsoptionen ermöglicht, sollte das durch das Buch geweckte Interesse unbedingt dafür investiert werden, sich auch mit anderen Möglichkeiten auseinanderzusetzen. Für weitere Informationen: Klicken Sie hier .
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